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#2 Ahornbaer Spezial: Autokauf

Ein Auto zu haben ist in Nordamerika eigentlich unerlässlich. Das öffentliche Verkehrsnetz ist in den Großstädten zwar dem dt. Verkehrsnetzen ähnlich, sobald man aber etwas ins Ländliche fährt, ist ohne eigenes Fahrzeug praktisch nichts zu machen. Daher stand eigentlich schon von Anfang an fest, dass ich mir ein Auto mit dem auf der Severn Lodge verdienten Geld kaufen werde. Hier gibt´s die Geschichte dazu...

Ein neues Zuhause?

Der letzte Post begann mit"[...] und mittlerweile hab´ ich es sogar bis nach Montreal geschafft." In Montreal war es dann auch, wo ich das perfekte Auto für meine anstehenden Pläne fand - einen Dodge Caravan von 1997, mit V6 Motor und rund 3.0 Litern Hubraum. Bis dahin war es aber ein langer Weg. Die ersten zwei Tage in Montreal verbracht ich mit ein wenig Sightseeing, lief hinauf zum Plateau der Mont Royal, der der Stadt im Übrigen ihren Namen gab.

Blick über Montreal vom Mont Royal.
Gebäude im alten Stadtzentrum.
Stadtführung durchs alte Zentrum. Viele Filme, die eigentlich in Frankreich spielen, werden in Montreal gedreht, da alles sehr Französisch aussieht (und es nicht so weit weg von Hollywood ist, wie Paris).
Notre-Dame de Montréal - Celine Dion hat hier geheiratet.
Nach diesen zwei Besuchstagen war es dann aber an der Zeit, sich an die Autosuche zu machen. Über die kanadische Website www.kijiji.ca fand ich mehrere interessante Autos, die meisten davon Dodge Caravans (Minivan) verschiedener Jahrgänge, aber auch ein Subaru Outback (Kombi), ein Ford Windstar (Minivan) und einen Pontiac Montana (Minivan).
Für mich sprachen mehrere Gründe für den Dodge Caravan:
  • Man sieht diese Autos hier überall auf den Straßen, Dodge Caravan scheint ein Kultschlager zu sein wie der VW Golf - Platz, Stauraum und Fahrspaß in einem.
  • Viele Taxis sind Dodge Caravan - wenn diese darauf vertrauen, kann das Modell nicht schlechter sein als andere.
  • Viele Firmenwagen und Transporter sind ebenfalls Dodge Caravan, zwar meist neuerer Jahrgänge, aber dennoch ein Grund für den Kauf.
  • Ich erhoffe mir immer Ersatzteile irgendwo zu bekommen, eben weil es dieses Auto so oft gibt.
  • Dodge Caravan sind im Preis weniger stabil, ergo gibt es sie für weniger Geld zu kaufen.
  • Der Ford Windstar soll massive Probleme mit der Schaltung haben. Eine Reparatur sollte dort dann schnell mehr als 2500€ kosten. Also lieber Finger weglassen.
  • Der Subaru war zwar mit ungefähr 1000$ Anschaffungskosten günstig, hätte dann aber noch geschätzte 1000$ an Reparaturen gebraucht. Zudem war er nicht so schön groß wie der Dodge Caravan.
  • Und der angesehene Pontiac Montana hat bei einem Händler im Ist-Zustand schon 2000$ gekostet, brauchte eine neue Windscheibe und hatte beinahe Rost für zwei ganze Autos (der war übermalt mit Farbe und Lack...).
Am Ende konzentrierte ich mich daher bei meiner Suche auf Dodge Caravan.

Erster Kanditat, angeboten von einem Privatverkäufer, der aber öfters Autos kauft, um sie dann mit Gewinn wieder zu verkaufen, War augenscheinlich in gutem Zustand.
Neben dem platten Reifen hatte dieser privat angebotene Dodge überall Rost, so wie viele Autos hier. Quebec hat keinen alljährlichen TÜV, sodass Autos bis zum Durchrosten einfach gefahren werden.
Bei meiner Suche traf ich Verkäufer in so ziemlich jeder Nachbarschaft, besuchte also einige Vororte und lief viel herum. Dass Charles, mein Couchsurfing Gastgeber zu dieser Zeit, einen elektrischen Massagestuhl hatte, half mir dann immer abends wieder zu entspannen.

Letztendlich fand ich aber auf kijiji.ca ein Angebot, das ich eigentlich gehofft hatte, bereits viel eher zu finden - ein Privatverkäufer, der das Auto zum gleichen Zweck wie ich gekauft hatte - zum Reisen. Dorian (aus Hamburg) fuhr den Dodge mit Freunden für drei Monate in West-Kanada und wollte das Auto noch vor seiner Ausreise an jemanden verkaufen. Am liebsten an jemanden, der das Auto und seinen Inhalt:

Dachbox (mit zwei Campingstühlen plus Tisch), zwei große Kisten für Lebensmittel etc., Pfannen, Spülkiste und eine Schlafmatratze im Kofferraum - perfekte Grundausstattung!
zu schätzen wusste. Ich zeigte nun ein ernsthaftes Interesse, bot der Wagen doch alles, was ich zunächst brauchen würde. Wir fuhren also gemeinsam in eine Werkstatt, ließen den Wagen durchchecken und das Öl wechseln. Dort folgte dann zunächst eine Enttäuschung, man sagte uns, der Wagen bräuchte dringende (teure!) Reparaturen, unter anderem wären die Bremsen fällig, viele Flüssigkeiten zu alt, etc... Mit dem Gefühl uns nicht abzocken zu lassen, verließen wir die Werkstatt und ich stieg auf der Fahrerseite ein.
Erster Eindruck? Ob man 3.0l statt 1.3l Hubraum und einen V6 statt Opel Meriva-Motor vor sich hat, macht einen gewaltigen Unterschied. Ich ließ mich sogar dazu verleiten, die Frage zu stellen: "Den Sportwagen dadrüben, den könnten wir doch locker auf den ersten Metern abhängen, oder?", so beeindruckt war ich vom Anschub, den der Dodge bei meinen ersten Tritten aufs Pedal leistete. Dass das natürlich Quatsch ist und der Wagen leer immer noch 1,7 Tonnen wiegt, weiß ich mittlerweile; die Gewohnheit lässt jetzt keine so starke Euphorie mehr zu beim Beschleunigen. Aber dennoch - es ist der richtige Motor für dieses Auto.
Wir fuhren dann zu Zulassungsbehörde, wollten jetzt Nägeln mit Köpfen machen. Aber:
  1. Entgegen meiner Annahme keinen TÜV machen zu müssen, wenn ich das Auto in Quebec kaufe, war dieser leider notwendig. Und zwar musste der Wagen, da er aus der westkanadischen Provinz Alberta stammte, eine sog. "Out of Province" (sinngemäß: Wagen stammt aus anderer Provinz) Überprüfung bestehen. 
  2. Wir zeigten der Beamtin die Ergebnisse unserer bereits durchgeführten (und bezahlten!) Prüfung, aber es gab kein Pardon, wir sollten den TÜV erneut machen lassen. Bei einer lizensierten Werkstatt, zu denen die von uns gewählte leider nicht zählte.
  3. Mit weiteren Kosten verbunden war dann die "Out of Province" Prüfung (also der TÜV).
  4. Am Ende stand fest - zumindest in einem Punkt hatte die erste Werkstatt Recht - die Hinterachsenfederung des Dodge war kaputt.
Hinterachse
Eine deutliche Delle hatte die Lamellenfederung hinten rechts.


Zum Vergleich: so sah es links hinten aus, so wie es sein soll.
Man sagte uns, dass Auto dürfte jetzt eigentlich nicht mehr bewegt werden, da dies ein schwerwiegender Fehler sei. Dass das Auto ohne Probleme federte und man den Mangel keineswegs bemerkte, spielte keine Rolle. Auf unser Nachfragen hin sagte der Prüfer sinngemäß: "Ihr solltet zwar nicht Fahren, aber..." - denn wie sollte das Auto nun zur nächsten Werkstatt zum Reparieren kommen? Die TÜV-Werkstatt führte keine Reparaturen durch, also blieb nur die Fahrt zu einer anderen Werkstatt.

Nächstes Problem: Dorians Flug zurück nach Deutschland ging bereits am nächsten Tag, sodass ich in einer Zwickmühle zwischen:
  • Auto nicht kaufen; bereits inverstiertes Geld (1. Prüfung und TÜV hatte ich ja schon bezahlt) verlieren; nach anderem Auto suchen und damit Zeit verlieren, die ich eigentlich für meine Reise durch Ostkanada nutzen wollte
  • Auto kaufen, für dessen Reparatur ich keinen Kostenvoranschlag besaß und nicht wusste, was ich am Ende bezahlen würde - zusätzlich zum Lehrgeld...
Letztendlich traf ich aber die richtige Entscheidung, ich einigte mich mit Dorian auf einen Preis von 900€ und brachte Dorian dann am nächsten Tag (Sonntag) noch zum Flughafen.
Am darauffolgenden Montag klapperte ich dann gefühlte 20 Werkstätten ab, um diejenige zu finden, mit dem besten Preis. Die Preisspanne reicht dann von 650 Dollar bis 1300 Dollar und ich verzweifelte:
  • Eigentlich alle Werkstätten wollten zuerst Geld dafür sehen, überhaupt ein Angebot abzugeben.
  • Die zweite angefahrene Werkstatt bot die Reparatur für 1300$ an, ich befürchtete alle anderen wollten genauso viel Geld sehen.
  • Eine auf Federung spezialisierte Werkstatt wollte für gebrauchte Teile und mit Nachlass immer noch 1000$ sehen.
  • Folgende Rechnung ratterte damit dann die ganze Zeit in meinem Hinterkopf:
    • Kaufpreis 900€ = 1300$
    • Reparatur im schlimmsten Fall 1300$ (also Verdopplung des eigentlichen Kaufpreises)
    • Zu erwartende Versicherungsprämie 450$
    • Anmeldegebühr Behörde 350$
    • = 3400$
Ich rechnete also mit Kosten weit über meinem Limit von 2500$, stattdessen waren 3400$ wahrscheinlicher. Das Gefühl, einen schweren Fehler gemacht zu haben, machte sich breit. In Rücksprache mit Dorian über E-Mail einigten wir uns den Kaufpreis nachträglich auf 800€ zu reduzieren, wofür ich ihm sehr dankbar war.
Anschließend fuhr ich eine der Werkstätten nochmals an, da ich hier das beste Gefühl hatte. Ich hatte von dieser Werkstatt bisher noch kein Angebot bekommen, da sie Geld für das Angeboterstellen sehen wollten. Aber da ich mich in meiner Lage verstanden fühlte, bezahlte ich 25$ für 5 Minuten Hebebühne, sah aber hier zum ersten Mal den Schaden (siehe Bilder oben). Das half, die Notwendigkeit der Reparatur zu verstehen.
Zusätzlich sagte mir der Techniker, das entgegen des "Out of Province" Reports nur eine Seite defekt sei und ich daher nur eine Seite bezahlen müsste. Ich halbierte also die Reparaturkosten des bisher teuersten Angebot im Kopf und atmete auf.
Zurück im Foyer dann erneute Panik, mir wurde gesagt, beide Seiten müssten nun doch repariert werden, denn der Prüfreport verlangte es so. Ich versuchte zu argumentieren und klar zu machen, dass ich nicht das Geld hätte usw. Es half leider alles nichts, ich bekam ein Angebot über 740$ ausgehändigt und sollte nun entscheiden.
Ich setzte mich also ins Foyer und rechnete ab da nur noch Dollarzahlen hin und her, nahm mir Zeit zu entscheiden. Da keiner da war, um die Sache gemeinsam zu beraten, blieb diesmal wirklich alles an mir hängen, eine sehr schwierige, aber im Nachhinein lehrreiche Situation.
Am Ende beschloss ich, den Wagen bei dieser Werkstatt reparieren zu lassen. Es half ja alles nichts, ich brauchte das Auto zum Reisen und hatte ja bereits Geld investiert.

Folgende Argumente sprachen dabei für ein "Ja" zur Reparatur:
  • 740$ lagen im unteren Bereich der Preisspanne alle bisher eingeholten Angebote
  • Die Werkstatt war TÜV-lizensiert, ich musste also nach der Reparatur nicht noch zu einer weiteren Werkstatt zum Gegenprüfen. Ich konnte mir sicher sein, dass das Auto nach dieser Reparatur zu 100% zugelassen werden konnte.
  • Die Werkstatt hatte im Gegensatz zu allen anderen die benötigten Teile auf Lager, sodass ich das Auto bereits am nächsten Tag abholen konnte.
  • Ich hatte ein gutes Gefühl, fühlte mich gut betreut und vor allem in meiner Lage verstanden.
Ich verließ die Werkstatt dann und fuhr mit der U-Bahn nach Hause. Am nächsten Tag konnte ich das Auto dann bereits wieder abholen, meldete das Auto am darauffolgenden Tag an und kümmerte mich dann um eine passende Autoversicherung.
Auch da gab es dann aber wieder einige Rückschläge. Im Vorfeld des Autokaufs hatte ich schon eine Versicherung angefragt, für verschiedene Automodelle, um ungefähr zu wissen, was am Ende an Kosten auf mich zukommen würde. Nicht das ich dann 2000$ Versicherung zahlen müsste. Zu einer Versicherung hatte ich daher schon einen "guten Draht". Ich hatte die Durchwahl eines Angestellten, ein für mich angelegtes Profil etc. Als ich dann den Deal nach dem Autokauf finalisieren wollte, war meine "Durchwahl" nicht erreichbar, also wurde ich weitergeleitet. Als ich dem neuen Berater dann meine Pläne schilderte, legte er mich mehrmals in die Warteschleife, hielt Rücksprache mit seinem Chef und teilte mir dann auf sehr unhöfliche Weise mit, dass man mich nicht versichern könne. Bumm, das hatte gesessen.Würden mich jetzt andere Versicherungen auch ablehnen? Hatte ich jetzt ein Auto gekauft, könnte aber es nicht fahren? Ich verbrachte den Tag mit Grübeln und Zweifeln und versuchte es am nächsten Tag nochmal. Diesmal erreichte ich meine Durchwahl wieder und bekam freundlich und ausführlich erklärt, warum ich letztendlich abgelehnt wurde. Also hieß es dann: erneute Internetreserche und wieder die Callcenter abklappern. Charles gab mir dann einen Tipp für eine Versicherung, die rief ich an und bekam - endlich - eine Versicherung für mein Auto. Für rund 420$ durfte ich endlich Autofahren. Dabei musste ich nur Folgendes beachten:
  • Sollte ich mehr als 7 Wochen am Stück außerhalb Quebecs sein, muss ich dies der Versicherung mitteilen und es wird eine erhöhte Gebühr fällig.
  • Die Versicherung deckt nur Schäden an Autos anderer Verkehrsteilnehmer ab, mein Auto selbst ist nicht versichert (lohnt sich ja auch nicht bei einem 17 Jahre alten Auto).
  • Ich habe 20.000km Fahrleistung im Zeitraum der Versicherung angegeben. Wenn ich darüber hinausgehen sollte, muss ich es der Versicherung wiederum mitteilen. Das könnte mich wirklich nochmal Geld kosten, allein in Ostkanada bin ich ja schon 6.500km gefahren.
Rückblickend kann ich sagen, dass das Auto den ganzen Ärger, die ganzen Sorgen und Zweifel wert gewesen ist. Ich beende diesen Artikel während ich in Philadelphia, USA, bin, nachdem ich vor ungefähr einer Woche aus Montreal mit dem Auto hierher gefahren bin. Wie ich im Eingangstext bemerkt hatte - ein Auto ist in Nordamerika beinahe unerlässlich und die mit einem Auto gewonnene Freiheit grenzenlos. Ich freue mich jedes Mal, das Auto zu fahren und weiß es, gerade weil es ein solanger Weg bis zur ersten offiziellen Fahrt allein war, um ein Vielfaches mehr zu schätzen, als den Opel Meriva in Deutschland. 

Zum Abschluss dieses Textes möchte ich mit Freude daher einen Videolink setzen:

Momente in Ostkanada: https://www.facebook.com/video.php?v=420495454768200&set=vr.420495454768200&type=3&theater

Dieser Kurzfilm ist ein Zusammenschnitt aus den schönsten Aufnahmen meines Roadtrips in Ostkanada, viel Spaß beim Anschauen!

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